Fünf Fragen an:
Rigobert Prasch
Der Autor von „Wald. Weide. Zeit.“ hat in seinen vielen Berufen eine Universallehre des Lebens absolviert. In der Bäckerei, Gastwirtschaft und Poststelle in Aigenstadl lernte er die Menschen und Charaktere seiner unmittelbaren Umgebung kennen. Als Berufsschullehrer für angehende Bäcker, Konditoren und Verkäuferinnen hat Rigobert Prasch sein pädagogisches Talent geschult und seine Erfahrungen weitergegeben. 36 Jahre als Kommunalpolitiker lehrten ihn Ziele zu verfolgen und Meinungen zu schärfen und zu vertreten. In der Universitäts- und Staatsbibliothek in Passau sucht er mit Liebe und Akribie nach der Geschichte seiner Heimat Bayerischer Wald. Die Geschichte des Stierhüters Helmut Schmid ist ihm am Rande des alten Brauchs des „Wolfaustreibens“erzählt worden und er hat sie mit der ihm eigenen umfassenden Genauigkeit recherchiert und bearbeitet.
Frage 1:
Bäcker, Postbote, Lehrer, Politiker – das waren nur einige der Lebensstationen des Rigobert Prasch. Warum schreibt man im sogenannten „Ruhestand“ ein Buch?
Rigobert Prasch:
Hauptsächlich sind es Menschen, die das Leben interessant machen. Bei meinen unterschiedlichen Tätigkeiten habe ich viele faszinierende Menschen getroffen. Gespräche und Anschauungen werden bei uns oft wunderschön dialektgefärbt erzählt und mit der absoluten Waldler-Gestik und -Mimik verstärkt. Ich bedauere es, dass ich diese einmaligen Momente nicht auf Tonbändern oder auf Videogeräten dokumentiert habe. „Des keradafgschriem“, das sollte aufgeschrieben werden, habe ich oft gehört. Als ich dann den letzten Waldhirten Helmut Schmid kennengelernt habe, war mir klar: „Das musst du jetzt aufschreiben!“
Frage 2:
Für “Wald. Weide. Zeit.” war die persönliche Begegnung mit dem letzten Waldhirten Helmut Schmid Impulsgeber. Darauf folgten unzählige Stunden Recherche und Suche in Archiven. Muss das Freude machen?
Rigobert Prasch:
Die Gespräche auf der Gartenbank vor dem Schmidhaus waren heiter und lebhaft. Manchmal waren es nur spontane Einfälle des Hirten,die ich dann in der Ostbayerischen Heimatforschung, der Staatlichen Bibliothek und in der Universitätsbibliothek in Passau vertieft habe. Es hat Spaß gemacht, mich wie ein Bücherwurm in die alten Druckwerke und Darstellungen „hineinzulesen“, auch weil das Personal der Bibliotheken entgegenkommend und hilfreich war. Der sehr kompetente Bauer Fritz Denk war dann meine „Prüfungsinstanz“.
Frage 3:
Heute erscheint uns die Zeit des Helmut Schmid mit den Rindern aus Kirchl auf der Waldweide am Lusen fast romantisch. Wären Sie gerne dabei gewesen?
Rigobert Prasch:
Meine Eltern hatten im Zentrum von Passau eine Bäckerei. Da war wenig Zeit für den jungen Rigobert. So wurde ich immer wieder für mehrere Wochen auf den Lusengipfel und nach Waldhäuser zu meinem Onkel geschickt. Er war damals der Lusenwirt und später Lindenhofwirt in Waldhäuser. Seine Familie und er waren ebenfalls mit Arbeit eingedeckt. Und so strolchte ich täglich allein viele Stunden durch die Wildnis. Der Wald war ein großartiges, die Kreativität herausforderndes Spielzimmer. Nur manchmal schloss ich mich wandernden Feriengästen an. Ich war mit der Romantik der Wälder und dem Alleinsein in der Wildnis bestens vertraut. Daher wäre ich gerne der Begleiter des Waldhirten gewesen.
Frage 4:
Den Rindern ist es damals sicher besser gegangen als vielen Tieren heute. Welche Beziehung haben Sie zu Tieren?
Rigobert Prasch:
Auf meinem täglichen Spaziergang begegne ich Rindern auf der Weide. Sie zu beobachten, ihnen in die Augen zu schauen, sie am Kopf zu kraulen, das verbindet mich in gewisser Weise mit den Tieren. Eine persönliche Beziehung habe ich zu unserem Laufentenpaar und den drei Nachbarskatzen. Anstrengend war die Beziehung zu unserer „Aische“,einem Münsterländer-Labrador-Mischling. Sie hatte die nicht zu bändigende Angewohnheit, sich am Straßenrand zu verstecken und vorbeifahrende Fahrzeuge zu verfolgen. Diese Art von „Geschwindigkeitskontrolle“ brachte uns Beschwerden und Polizeibesuche ein.
Frage 5:
Wenn Sie die Zukunft gestalten könnten, was würden Sie sich für die Natur und die Landwirtschaft im Bayerischen Wald wünschen?
Rigobert Prasch:
Für unsere Rinder halte ich Weidewirtschaft für das Beste. Wer den Austrieb oder den Umtrieb von Rindern auf eine neue Weide beobachtet und sieht wie Rinder vor Freude zirkusreif springen, wird diesen Vorschlag verstehen. Weidetiere bereichern die Attraktivität der Landschaft und spenden den Menschen glückliche Momente. Dabei denke ich an die Besuche meiner Tochter, die mitten in einer Großstadt wohnt. Mit ihrer einjährigen Tochter Carlotta auf dem Arm füttert sie die Nachbarskühe mit Apfelspalten. Die resolute Kleine besteht auf der täglichen Fütterung. Sie beobachtet die Rinder aufmerksam und passt genau auf, dass keine Kuh beim Füttern übersehen wird. Sollte es doch einmal passieren, reklamiert sie mit lauten Rufen und temperamentvoller Gestik.