Fünf Fragen an:
Marita Haller
Geboren 1951 in Regenhütte, Landkreis Regen; verheiratet, zwei Töchter; arbeitete überwiegend in Glasbetrieben im In- und Ausland. Zuletzt war sie stellvertretende Exportleiterin mit Handlungsvollmacht in der Kristallglasfabrik Spiegelau, im Bayerischen Wald und bereiste in dieser Funktion die halbe Welt.
Heute ist sie freiberuflich im Bereich Tourismus tätig, bietet u. a. mystische und geschichtliche Gästeführungen in der Glasstadt Zwiesel an und schreibt als Freie Mitarbeiterin für die Tageszeitung Bayerwald-Bote der Passauer Neuen Presse.
Als Fotografin und als Buchautorin von deutsch- und tschechischsprachigen Büchern – mittlerweile sind es 30 Bücher, in welchen sie als Autorin oder Co-Autorin mitgewirkt hat – hat sie sich grenzüberschreitend einen Namen gemacht. Ihre Schwerpunktthemen sind dabei regionale Geschichte, Glas und Böhmerwald-Reiseführer.
Frage 1:
Export-Fachfrau im In- und Ausland für Glas aus dem Bayerischen Wald als Beruf, dann Bücher mit intensiver Recherche wie „Das Traumschloss im Wald“, „Best of Wald“ oder „Vom Rachel zum Osser“. Kommt das Interesse am Schreiben und der Region plötzlich oder ist das eine Lebenseinstellung?
Marita Haller:
Das Samenkorn für das Interesse an meiner Heimat wurde mir schon in der Volksschule (heute Grundschule) von den Englischen Fräulein eingepflanzt. Die Klosterfrauen haben das Fach Heimatkunde so spannend herübergebracht, dass es zu meinem Lieblingsfach wurde. Wann immer ich dazu Zeit fand, bin ich als junge Frau mit meinem Mann im Bayerischen Wald gewandert. Das war nach den anstrengenden Flügen durch die Welt Erholung für mich.
Zu schreiben fing ich erst an, als ich nach der Geburt von meinen zwei Töchtern aus meinem Beruf als stellvertretende Exportleiterin ausgestiegen bin. Ich wollte meine Kinder selbst erziehen. Als sie in den Kindergarten kamen, fing ich als Aushilfskraft in der Touristinfo in Zwiesel zu arbeiten an. Damals hatte man noch nicht so viel Prospekte und die persönliche Beratung der Gäste war viel intensiver als heute. Da kam mir meine Heimatliebe und Heimatkenntnis zugute. Um den Gästen mehr Informationsmaterial über unsere schöne Region geben zu können, begann ich zu schreiben. Ich wollte das Samenkorn der Heimatliebe als Liebe zur Urlaubsregion an die Feriengäste weitergeben.
Frage 2:
Viele Menschen hätten Angst sich so intensiv mit dem Tod und mystischen Geschichten auseinanderzusetzen. Kann man diese Angst überwinden?
Marita Haller:
Ich habe vor dem Tod nur insofern Angst, als er mir geliebte Menschen wegnehmen kann. Viel schlimmer als selbst zu sterben ist für mich, wenn ich Familienmitglieder oder Freunde betrauern muss. Viele unerklärbare eigene Erlebnisse bzw. mystische Ereignisse in meiner Familie, über die ich in meinem Buch „Die Schattenfrau“ auch berichte, geben mir Hoffnung auf ein Weiterleben und sei es auch nur als Energie. Ich weiß es nicht, aber dass der Tod das Ende von allem Lebenden ist, glaube ich nicht.
Frage 3:
Marita Haller in der Rolle der „Schattenfrau“ bei den Führungen in Zwiesel – verändert die dem Freilassinger Seher Alois Irlmeier nachempfundene Kleidung die Wahrnehmung? Schlüpft man in eine Rolle, die es den Teilnehmern leichter macht Fragen zu stellen oder eigene Erlebnisse zu erzählen?
Marita Haller:
Die Prophezeiungen des Alois Irlmeier sind bei den Leuten deshalb noch präsent, weil er erst 1959 starb. Noch lebende Menschen haben mit ihm persönlich gesprochen und haben es selbst erlebt, dass vieles von dem Gesagten auch wirklich eingetroffen ist. Irlmeier ist ein Beweis dafür, dass es nicht Erklärbares gibt.
Meine Eltern und auch ich haben nicht Erklärbares selbst erlebt. Das ist die Quelle für „Die Schattenfrau“.
Irlmeier war ein einfacher Brunnenbauer, dementsprechend einfach war seine Kleidung. Als „Schattenfrau“ stelle ich keine Prophetin dar. Als gespieltes „Wesen zwischen den Welten“ will ich die Menschen daran erinnern, dass nichts selbstverständlich ist. Ich wählte die einfache, eher ärmliche Kleidung von Irlmeier, um mich als Person zurückzunehmen. Ich will ohne Bewertung zum Nachdenken anregen. Ich öffne mich den Menschen gegenüber und erzähle über meine eigenen Erfahrungen. Nach den ersten Führungen war ich selbst erstaunt, wie viele Menschen schon einmal Sonderbares erlebt haben und auch bereit waren, mir ihre Erlebnisse mitzuteilen.
Frage 4:
Die Geschichten im Buch „Die Schattenfrau“ sind wahre Geschichten, auch selbst erlebt. Wie nahe gehen solche Erlebnisse?
Marita Haller:
Mit Ihrer Frage treffen Sie jetzt genau ins Schwarze. Solche Führungen stecke auch ich nicht so einfach weg. Ich habe mich oft gefragt, warum ich sie mache. Helfen sie mir vielleicht, meine eigenen nicht erklärbaren Erlebnisse aufzuarbeiten?
Frage 5:
Verändert ein Buch wie „Die Schattenfrau“ die Einstellung zum Leben und zum Tod?
Marita Haller:
Die eigene Grundeinstellung sicher nicht. Jeder hat seine eigene Meinung und die will ich auch nicht umkrempeln. Aber der Leser des Buches wird nachdenken. Er wird erkennen, dass er nicht alleine ist mit vielleicht ebenfalls schon erlebten nicht erklärbaren Ereignissen.
Es gibt und gab schon immer viel Unerklärbares auf der ganzen Welt. Wenn ich nach mystischen eigenen Erlebnissen an ein Weiterleben nach dem Tod glaube, nimmt mir das die Angst vor dem Sterben. Das Sterben ist ja der unausweichliche Weg aller Lebewesen. Niemand kann dem Tod entrinnen.
Außergewöhnliche Plätze im Bayerischen Wald und im Böhmerwald.
Die Grenze hat uns lange Zeit den Blick auf die besonderen Ereignisse unserer Nachbarn verstellt und viel Außergewöhnliches ist uns immer noch unbekannt. Vielleicht ändert sich das, wenn die Neugierde auf die Besonderheiten in diesem Buch Anlass für einen Besuch beim Nachbarn werden.